Sephardic Cantata
inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten
Versandkostenfrei
Sofort versandfertig, Lieferzeit ca. 1-3 Werktage
- Artikel-Nr.: 979-0-50010-112-3
Ein Ashkenasi aus dem Rheinland komponiert also nach seiner glücklichen Flucht vor den Nazis in Israel eine für den Gottesdienst gedachte Musik, die auf westjüdische Melodien zurückgreift und umschließt damit Jahrhunderte der Zerstreuung des Volkes in einer optimistischen neuzeitlichen Komposition. Diese lehnt sich an polyphone Kompositionsstile an, die als typisch zentraleuropäisch gelten, das Vorbild J. S. Bach wird spürbar. Samuel selbst spricht von einer mehrstimmigen Musik, die die Eigenheiten der synagogalen Gesangstechnik eher aufnimmt als die barocke Formenpracht, die Musik sei durch die Verbindung zum Gesang daher jüdisch. Freilich ist seine Satztechnik oft radikaler als die der barocken Vorgänger, und so klingen manche Harmonien für heutige Ohren herb. Es ist die Zeit der Wiederentdeckung der heute als „Alte Musik“ bekannten Interpretationen des musikalischen Erbes. Es erklangen im Konzert keine authentischen Gebete oder gesagte Psalmen. Dies geschah mit Respekt, aber nicht fraglos angesichts eines so bedeutenden Satzes: “God reigns, God has reigned, God will reign forever and ever.” Da das jüdische Verständnis über den Höchsten keine zwingend männliche oder weibliche Figur ist, könnten wir auch schreiben: „Sie lenken, sie lenkten, und sie werden lenken immer und ewig“.
Das Ensemble shtetl spielte am 7. April 2019 in der Essener Erlöserkirche im Rahmen der „Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr 2019“ die originalen Sätze der Kompositon über den Gebetsruf „Adonay melech, Ad. malach, Ad. jimloch, l‘olam waed“, der in vielen liturgischen Situationen vorkommt. Da es sich bei diesem Konzert nicht um einen Gottesdienst handelte, interpretierte das Ensemble die musikalischen Strukturen und Klangreize nach jedem Satz in einer eigenen Improvisation.
Markus Emanuel Zaja
Eine Reinschrift dieser Komposition scheint für eine Druckversion bestimmt gewesen zu sein. Zu einer Veröffentlichung kam es aber nie. Das Original befindet sich in The David and Yolanda Katz Faculty of the Arts der Universität in Tel Aviv, eine Kopie besitzt das Archiv des Hauses der jüdischen Kultur Alte Synagoge in Essen. Dort fanden sich auch weitere, teilweise nur schwer lesbare Kopien von Einzelstimmen in der Samuelschen Handschrift, die zum Teil von der Reinschrift abweichen. Die Reinschrift bildet die grundsätzliche Basis für die hier vorliegende Version. Nach zahlreichen Versuchen schien es jedoch ratsam, die Partitur an einigen Stellen zu entflechten und die dort untereinander stehenden Einzelstimmen nicht stets alle zugleich, sondern nacheinander auszuführen. Bei den Nr. II, IV und VI beispielsweise bietet es sich an, die Melodie mit den Stimmen der Soloinstrumente quasi als Einleitung voranzustellen und die Gesangsstimme vom Harmonium begleiten zu lassen, gelegentlich vom Kontrabass unterstützt. Dagegen ist die Nr. III schlichtweg einmal instrumental gesetzt, gefolgt von der Version mit Gesang, Harmonium und Kontrabass. Die Nr. V bleibt allein dem Gesang und dem Harmonium vorbehalten. Eine Aufführung des Werkes konnte trotz intensiver Recherchen bisher nicht nachgewiesen werden, so dass die Aufführung des Ensemble shtetl als Uraufführung angesehen werden kann.
Ralf Kaupenjohann